Villa Aeschengraben 21

Die Villa am Aeschengraben mit Stall und Remise und ausgedehnter Gartenanlage. Im Osten anstossend der Botanische Garten vor dem Aeschentor.

Jahrhundertelang hatte sich im Gebiet zwischen Centralbahnhof und Aeschentor ein weites Rebengelände ausgedehnt, auf dem besonders die zahlreichen Gastwirte der Aeschenvorstadt die Trauben für ihren eigenen Wein zogen. Im 19. Jahrhundert vereinigte dann der aus dem Baselbiet zugewanderte Landwirt Heinrich Schneider die verschiedenen Eigentümern gehörenden Parzellen zu einem grossen Bauerngut. Dieses grenzte an den Botanischen Garten, der rund fünfzig Jahre (1840-1892) im Hinterland des Aeschengrabens mit seinem prachtvollen Baumbestand und seiner exotischen Blumenpracht zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählte.

Die Villa zeigt sehr schön den Übergang zum Neobarock, der zum bevorzugten Stil Stehlins werden sollte.

Bis gegen Ende der 1850er Jahre trug das Gebiet des heutigen Aeschengrabens also noch durchaus ländliches Gepräge, denn es lag ausserhalb derjenigen städtischen Befestigungsanlagen, welche vom Aeschentor bis zum Elisabethen-Bollwerk verliefen. Nur einzelne bescheidene Reb- und Sommerhäuser mit grossen Gärten waren darin verstreut. Erst als ab 1860 der mittelalterliche Festigungsgürtel abgetragen, die Gräben aufgefüllt und neue Quartiere angelegt wurden, brach hier eine neue Zeit an. An der Stelle des alten Stadtgrabens entstand die breite Avenue mit der prächtigen baumbestandenen Anlage, die eigentlich dazu verlocken musste, sie mit einem Kranz repräsentativer Wohnbauten zu umsäumen. So wurde der Aeschengraben zum bevorzugten Wohnquartier. Schon bald reihte sich hier eine vornehme Villa an die andere.

Auch der Baumwollfabrikant Marcus Boelger-Hindermann erteilte 1860 dem Architekten Johann Jacob Stehlin d.J. den Auftrag, ihm am Aeschengraben eine Villa zu erbauen. Stehlin machte sich einen Namen als Architekt seiner beachtlichen Zahl grossbürgerlicher Villen, die vornehmlich auf dem Gellertfeld standen. Seine frühen Villen sind klassizistisch, seine späteren Werke ganz deutlich neobarock. Er gilt als Hauptmeister des schweizerischen Neobarocks. Sein am Steinenberg geschaffenes Kulturzentrum mit Kunsthalle, Stadttheater und Musiksaal rechtfertigt dieses Attribut, und unter den Neo-Stilen fand der Neobarock die weitaus grösste Verbreitung in Basel. Frankreich war bei diesem grossbürgerlichen Baustil das grosse Vorbild gewesen. Stehlin darf man als seinen Vermittler ansehen – er hatte unter anderem an der Ecole des Beaux-Arts in Paris studiert. Er bemerkte, die neue Richtung hätte keinen Wert auf Stile gelegt, sondern ein Bauwerk aus den räumlichen und konstruktiven Erfordernissen entstehen lassen.

Familienbild Bauer hinter der Villa am Aeschengraben 21 anlässlich des Geburtstages von Camille Bauer (1871-1935).
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1012 249
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Die Villa am Aeschengraben 21 stellte eine geglückte Mischung aus Klassizismus und Neobarock her, sie markierte demnach einen Umbruch in Stehlins Schaffen. Von seiner hohen Baukunst zeugte auch die ausgezeichnet durchdachte und durchmodellierte Fassade des Hauses Boelger-Hindermann, über das sich der Erbauer wie folgt äusserte: «Von der Strasse etwas zurückgesetzt und vom Garten umgeben, hat das 1860 erbaute Haus den Typus einer suburbanen Villa, welcher auch in der Raumdisposition ausgesprochen ist. An das geräumige Vestibule schliessen sich nach Süden Esszimmer und Salon an, während das eigentliche Wohnzimmer der belebten Strasse zugekehrt ist. Im Souterrain nach dem Garten zu hat die Küche ihren Platz gefunden.» Im Brandlagerbuch vom 31.7.1861 wird ein "gewölbter Keller und getrömtes Souterrain, worin Luftheizung, mit angebautem Peristyle" erwähnt, genauso eine Stallung mit Remise und ein Wasch- und Holzhaus.

Bis zum Jahr 1906 blieb das Haus der Wohnsitz der Witwe Marcus Boelgers, die ihren Gatten um dreizehn Jahre überlebte. Dann vermieteten die Erben den schönen Sitz an die Elsässer Familie Bernheim. Erst 1919 wechselte die Liegenschaft die Hand: Ihr neuer Eigentümer wurde Camille Bauer-Judlin, der 1900 das bekannte Unternehmen der Elektroindustrie gegründet hatte. Von seinen Erben ging das Haus 1954 an die Parkhof AG über und wurde 1971 leider abgebrochen.

Quellen: