Kammradmühle

Die Kammradmühle am Hinteren oder Niederen Teich, gegenüber lag die Rösslimühle.

Die Entstehung des Mühlebaus an der Webergasse 21 ist auf Anfang des 14. Jahrhunderts festzusetzen. Die Bezeichnung "zem Kamprad" ist erstmals 1389 belegt. Auch das Areal Webergasse 19 zwischen der Mühle und der über den Teich zum Kloster Klingental führenden "oberen Brücke" gehörte bis 1667 zur Mühle. Zwei "unter einem tach" befindliche Räder trieben am Teich ab Ende des 15. Jahrhunderts zwei Räder je eine Schleife an.

Verschiedene Nutzungen

Die grosse Anzahl der Handänderungen verrät, dass der Betrieb der Mühlliegenschaft kein sehr lukrativer war. Unter den Besitzern und Betreibern der Mühlen gibt es einige, die es verdienen hier Erwähnung zu finden. 1660 erlangte Hans Jakob Moser die Erlaubnis zum Umbau in eine Kornmühle. Dagegen hatten sich die Eigentümer der anderen Mühlen mit allen Kräften gewehrt, indem sie behaupteten, dass bei diesen ungünstigen Zeiten die Hälfte der Kornmühlen nicht mehr zu mahlen hätten. Hauptsächlich machten sie aber geltend, dass ihre Mühlen noch mit hohen Grundzinsen, 16-18 Säcken Getreide, beladen seien. Es gehe daher nicht an, dass ein neuer Müller auf einer unbelasteten Liegenschaft ihnen Konkurrenz mache. Dabei vergassen sie jedoch, dass Moser natürlich auch sein Baukapital verzinsen musste. Die Lehenmüller selbst hatten merkwürdigerweise dem beabsichtigten Umbau zugestimmt. Aus diesem Grund erteilte der Rat am 5. Mai 1660 die Konzession für die neue Mahlmühle; den Konkurrenten kam er dadurch entgegen, dass er dem Moser einen jährlichen Bodenzins von zwei Säcken Kernen "auf meiner gnäd. Herren Kasten zu liefern" auferlegte, was dem Fiskus willkommen war.

Hosenlismer Peter Hosch kaufte 1691 erst die Balliermühle Sägergässlein 5 unter der Bedingung, dass ihm die Einrichtung einer Strumpffärberei bewilligt werde. Da ihm aber die Konzession infolge des Protestes der Nachbarn verweigert wurde, erstellte er neben der von ihm 1698 erworbenen Kammradmühle das Fabrikhaus "Zum Arm" und ein Färbhaus; den Estrich der Mühle benützte er zum Trocknen der Strümpfe. 1726 liess er die Mühle versteigern, und sie gelangte in den Besitz des Seidenfärbers beim Eselturm, Friedrich Ludwig Meyer.

Die Kammradmühle an der Webergasse 21, entlang des Teichs flankiert von dem zweigeschossigen Anbau (Nr. 19) mit Krüppelwalmdach, der 1906 weichen musste.

In der Nacht des 4. Januar 1743 brannte die Mühle mit dem daneben stehenden Haus des Chrirurgen Flick vollständig ab. Eine Brandversicherung bestand zu jener Zeit noch nicht; doch wurde immerhin den Geschädigten eine Hilfe zuteil. Sehr gut ging es dem Chirurgen, dem die ehörde eine Kollekte bewilligte. "Eine gantze Christmilte Ehrenburgerschaft hat eine solche Summe gesamlet (nämlich 1500 Pfund), dass er eine weit anmuthigere Wohnung hat bauen können, als er vorher gehabt". Schlimmer war das Schicksal des Friedrich Ludwig Meyer und seiner Erben. Der Rat hatte ihm für den Wiederaufbau der Mühle einen Beitrag von 600 Pfund bewilligt; nachdem aber allein schon die Reparatur der Fundamentmauern mehr gekostet hatte, besassen die Eigentümer für die Weiterarbeit kein Geld mehr. 1751 verlangte die Obrigkeit die Rückerstattung der Summe, wenn die Mühle nicht durch die Eigentümer oder einen allfälligen Käufer aufgebaut werde. Leider erwies sich ein Verkauf als unmöglich, da in jener Zeit "bei 100 Häusern feil waren". Die Erben des Friedrich Meyer baten daher am 23. Juni den Rat um Entgegenkommen. Dieser beharrte aber darauf, dass die Liegenschaft bis zu einem bestimmten Termin verkauft werden müsse; wiederholt wurde die Gant angesetzt; doch konnten die Erben Meyer das Grundstück festhalten, bis ihnen am 29. Juni 1756 die Veräusserung an den Grämper Samuel Steinbrunn gelang. Dieser errichtete die Liegenschaft wieder für den Betrieb einer Getreidemühle; es handelte sich um einen zweigeschossigen Neubau mit Krüppelwalmdach, fünf Achsen und einer Rundbogenpforte in der Mittelachse.

Hinterer Teich mit dem Wasserbau der Kammradmühle und der Rösslimühle (rechts). Auf dem Brücklein Müllermeister Conrad Wehrli-Brunner. Foto um 1900.

Von seinem Sohn Andreas, der die neuerbaute Kornmühle übernahm, erfahren wir schlimme Dinge. 1766 eröffneten die Müllerherren gegen ihn eine Untersuchung, weil er einer Witwe in Inzlingen so schlechtes Mehl lieferte, dass es nicht einmal die Hunde fressen wollten. Es wird berichtet, dass er daraufhin "seine Mittel aufgezehrt, katholisch wurd und im Waldbruder Habit in der Irre herumb lieffe". 1775 sei er im Zuchthaus gewesen und habe hierauf von seiner Mutter mit Lügen 100 neue Taler herausgelockt.

1858 kam es in der Liegenschaft erneut zu einem Brand, ausgelöst duch ein heiss gelaufenes Getriebe der 1858 neu eingerichteten Farbholzmühle; Johannes Bischoff-Weber erstellte 1860 eine Mahlmühle "nach neuem französischen System" mit verbesserter Radkonstruktion. Ab 1878 gab es mehrfache Verbesserungen und 1881 erhielt die Mühle eine Dampfmaschine, dadurch steigerte sich die Leistung auf 100 Tonnen Getreide pro Woche. Conrad Wehrli-Brunner kaufte 1899 die benachbarte Mühle Klingental 2/6 und erstellte für beide Mühlen eine leisungsfähige Turbinenanlage.

Was heute übrig ist

Das dreigeschossige Gebäude verrät die Anlehnung an die Disposition des niedrigeren barocken Vorgängerbaus, das Portal wurde allerdings 1976 aus der Mittelachse in die linke Achse verschoben. In der linken Hälfte der Giebelseite setzte am Teich entlang ein zweigeschossiger, schmaler Vorbau an, der ein Mansarddach mit Krüppelwalm besass und wahrscheinlich 1757 anstelle eines ähnlichen, bereits auf Merians Vogelschauplan erkennbaren Flügels entstanden war. Dieser Anbau verschwand 1906 genauso wie der Mahlbetrieb im Haus.

Quellen:

  • Lutz 2004: 34-37
  • Schweizer 1928: 73-75