Haus zum Meerschwein

Das schmale Haus "zum Meerschwein" an der Steinentorstrasse 33 mit Hinterhaus.

Zur Geschichte der Liegenschaft

1364 treten die Liegenschaften an der Steinentorstrasse 33-37 erstmals ins Licht der Überlieferung. Sie bildeten einen einheitlichen Komplex, der den Namen „zem Merswin“ trug und der sich bis zum Herthor, dem späteren Steinentor, hinzog. In jenem Jahr vergüteten der Schneider Johannes Blattfuss und seine Gattin Anna einer Kongregation frommer Frauen die jährlichen Einkünfte von einem Pfund und einem Huhn, die sie davon bezogen, und 1380 verlieh das Kloster der Reuerinnen der heiligen Maria Magdalena an den Steinen die Hofstatt dem Jennin von Riehen.

Nach einigen weiteren Handänderungen bewohnten im 15. Jahrhundert Weber und Bleicher das „zem Merswin“, denn oberhalb davon, am sonnigen Hang gegen die Spittelschüren, das Ökonomiegebäude des Spitals an der Elisabethenstrasse, befand sich eine Bleiche, die bereits 1406 erwähnt wird. Zwei von den Bewohnern, Henman Offenburg und Hans Tschan, spielten eine bedeutende Rolle in der Korporation ihres Handwerks; der Erstere amtete seit 1426 als Meister und seit 1434 als Ratsherr der Zunft zu Webern, und der Zweitere wurde von ihr 1468 zum Ratsherrn und 1493 zum Meister erkoren.

1495 zog an der Thorsteinen der Rebmann Heinrich Hirtlin ein, der vermutlich einen Rebcker am Berg von St. Elisabethen im Dienst des Steinenklosters bebaute. In der Stadtbeschreibung Felix Platters von 1610 begegnen wir im „Merswin“ einem Weber namens Emanuel Petri; dann versiegen die Quellen über die Liegenschaft mehr als hundert Jahre lang.

Die Liegenschaft im Jahr 1931, hier rot hervorgehoben, wie sie noch eingebettet war im Ensemble aus Altbauten. Blick Richtung Klosterberg.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 4-96-5
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Ab dem 18. Jahrhundert lässt sich die Geschichte der ursprünglich zusammengehörenden Liegenschaften separat verfolgen. Im Haus Nr. 33 sass in den 1730er Jahren der Mehlmesser Johannes Ernst, der es 1733 an den Bettelvogt Jeremias Schärflin weitergab. Dessen Nachfolgerin Margareth Im Hof stritt sich 1748 vor dem Fünfergericht mit dem Kleinhändler Niklaus Marbach im „Balchen“ (Nr. 37) herum, welcher sie wegen des Unrats, der aus ihrem Haus in seinen Sodbrunnen dringe, eingeklagt hatte. Auch mit dem Spezierer Ulricht Maeglin, der sie ablöste, kam Marbach nicht aus; 1767 protestierte Marbach energisch gegen Maeglins Absicht, die Abfallgrube zu vergrössern.

Im 19. Jahrhundert wechselte das Haus immer wieder die Hand. 1837 wurden im Haus verschiedene Restaurationen vorgenommen, und 1852 wurden neue Zimmer und Küchen eingerichtet. Über den Bader Adolf Dill gelangte die Liegenschaft 1864 an den Feuerwerker Napoleon Tschan-Bürgin aus Neuwiller, offenbar einen begeisterten französischen Patrioten, der seinen Sohn auf den Namen des Bürgerkönigs Louis Philippe taufen liess. Unter Rudolf Grossmann-Heinzelmann eurde 1872 ein neues Hintergebäude erstellt. Rund ein halbes Jahrhundert lang stand das Haus dann im Besitz der Familie Marck, deren Angehörige neben ihrer Tätigkeit als Mechanikermeister hier noch eine Zigarrenhandlung betrieben, bis die Liegenschaft um die Mitte der 1920er Jahre an den Optiker Ernst Zeender überging, dessen Enkel sich schliesslich für einen Neubau auf der Parzelle entschloss.

Die letzten Jahre der Liegenschaft

In den 1950er Jahren begann die sukzessive bauliche Erneuerung der Steinentorstrasse, begünstigt durch zurückverlegte Baulinien. Heute erinnert praktisch nur noch der Altbau der Firma Doetsch Grether AG und die Liegenschaft Nummer 15 an die alte Bausubstanz. Einer der letzten Bauten, die dem Abriss trotzen konnte, war das Häuschen Nummer 33.

Die Liegenschaft im Jahr 1937, hier bereits im Besitz des Optikers Zeender.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG 5718
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Einige Jahre ragte es als "Sandwich-Haus" einsam aus der korrigierten Strassenflucht heraus. Doch nicht nur durch die zurückverlegte Baulinie war es belastet; die ungleich tieferen Brandmauern seiner modernen Nachbarn und ein mehrstöckiges Hinterhaus umschlossen sein nur etwa 18 Quadratmeter grosses Höflein (mit einer alten Waschküche) vollständig und raubten den Räumen auf der Hofseite viel Licht. Auch wenn es noch vereinzelte Reize eines Altstadthauses in seinem Inneren enthielt: Es wies keinen Komfort auf, die sanitären Anlagen genügten modernen Ansprüchen nicht mehr, das Dach war reparaturbedürftig. Die Strassenfassade wurde in den 1940er Jahren modernisiert, und auch die hofseitigen Fenster enthalten keine wertvollen Bestandteile wie etwa gotische Elemente. 

Trotzdem fiel es Bauherr Roland Zeender nicht leicht, das Haus durch einen Neubau zu ersetzen. Denn er sei, wie er darlegte, hier verwurzelt, zumal er das Optikergeschäft hier in dritter Generation führe. Bereits als das Hotel „International“ (heute Radisson) errichtet wurde, wollte die Bauherrschaft auch die Nr. 33 abbrechen, erinnerte sich Zeender. Dennoch erschien ihm die Zeit reif für einen Neubau. Ein Um- oder Ausbau sei bei der geschilderten Situation des Hauses unsinnig. Werkstatt und Abstellraum des Betriebs im Erdgeschoss seien recht eng. Den Kunden sollte mehr Komfort geboten werden. Mit der Niederlegung des Hauses „zum Meerschwein“ 1981 verschwand einer der letzten alten Bauten an der Steinentorstrasse.

Quelle:

  • Basler Zeitung, 24.12.1980