Greifengasse

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Als Fortsetzung der Mittleren Rheinbrücke durchquert die Greifengasse den alten Kleinbasler Stadtbereich und mündet in den Claraplatz. Dabei kreuzt sie die drei Längsgassen und tritt mit etwa 18 Metern Breite, geschlossenen Zeilen meist fünfgeschossiger Geschäftshäuser und hindurchführender Tramlinie deutlich als Hauptstrasse in Erscheinung. Augenfällig ist der unterschiedliche Bebauungscharakter beider Strassenseiten; die linke Seite (vom Brückenkopf her gesehen) tritt durch Gemeinsamkeiten in der Gliederung und der Entstehungszeit einheitlich in Erscheinung, während die rechte Seite ein uneinheitliches Bild bietet. Ursache dafür ist die Korrektur nach der Erneuerung der Mittleren Brücke (1903-1906), bei der die Strasse während beinahe 30 Jahren zulasten der linken Seite bedeutend verbreitert wurde. Die heutigen Fronten stehen fast um die gesamte Bautiefe der älteren, abgebrochenen Häuser zurückversetzt; deren Fassadenflucht verlief ungefähr in der Mitte der heutigen Fahrbahn. Auf der rechten Seite erfolgten Neubauten dagegen weniger; die Häuserzeile zwischen Rheingasse und Utengasse erhielt zwar modernisierte Fassaden, die mittelalterlichen Baustrukturen dahinter haben sich jedoch erhalten.

Blick von der Mittleren Brücke in den unteren Teil der Greifengasse in der alten Breite von lediglich ca. 10 Metern; die linke Häuserzeile steht hier noch viel weiter vor als heute. Die rechte Zeile bis zur Utengasse existiert bis heute. Photographie 1915.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 8-26-4
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Bis zum Durchbruch der Stadtmauer 1854/55 endete die Greifengasse an der Rebgasse vor dem Gebäudekomplex des in der Reformationszeit aufgehobenen Klosters St. Clara. Daher ist in den frühen Schriftzeugnissen von der "St. Claren Gasse" (Erstnennung 1423) die Rede; daneben kamen die Namen "Burgergasse" (1401) und "Grempergasse" (1443) in Gebrauch, die sich bis ins 18./19. Jahrhundert hielten. Besonders die Bezeichnung "Grempergasse" wurde für den Teil zwischen Rhein- und Utengasse verwendet. Der ungefähr seit Mitte des 17. Jahrhunderts für den zur Rebgasse führenden Teil gelegentlich benutzte Name "Greifengasse" (Erstbeleg 1660, nach dem dortigen Gesellschaftshaus zum Greifen) dehnte sich vom späten 17. Jahrhundert an auf die ganze Gasse aus und ist die seit dem 19. Jahrhundert allein gebräuchliche Bezeichnung.

Blick vom Claraplatz in die obere Greifengasse mit dem Eckhaus "zum schiefen Eck". Photographie 1915.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 8-42-8
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Die Greifengasse war die wichtigste Querverbindung im städtischen Binnenbereich und war deutlich breiter als ihre wenigen engen Parallelgässchen. Die durchschnittliche Breite von 10 Metern fiel jedoch deutlich geringer aus als beispielsweise in der Rebgasse oder im mittleren Abschnitt der Rheingasse. Der Wandel zur Durchfahrtsstrasse liess den Verkehr und damit die Bedeutung der Greifengasse schnell anwachsen. In der Folge wurde 1883 ein Korrektionsprojekt genehmigt und sofort umgesetzt: Ein bei der Kreuzung Utengasse/Ochsengasse durch eine stark vorspringende Flucht verursachter Engpass wurde durch Zurücksetzung dieser Fassaden beseitigt. Ausserdem erfolgte zur Sicherheit der Fussgänger ein Ausbau der damals bereits vorhandenen, aber unregelmässigen Trottoirs auf einheitlich rund 2 bis 2,5 Meter; die Fahrbahnbreite betrug danach durchgehend 5,5 Meter.

Zum Unterhalt der Strasse existieren aus der Zeit vor 1800 fast keine Nachweise mehr. Der von der Rebgasse kommende Strassenbach floss in einer Rinne ungefähr in der Mitte der Greifengasse und gabelte sich vor der Brückenauffahrt in einen durch die obere und einen durch die Untere Rheingasse abfliessenden Arm. 1826 erhielt er im Zuge einer Neupflasterung ein näher an der rechten Zeile verlaufendes Bett, 1855 verschwand er in einer gemauerten Dole, die nun auch die Abwässer zahlreicher Häuser aufnahm und bei der Unteren Rheingasse 17 in den dortigen Teich mündete. 1895 wurde die elektrische Strassenbahn zum Badischen Bahnhof eingleisig durch die Greifengasse geführt, wofür das bereits 1888 verlegte, lärmdämpfende Tannenholzpflaster beibehalten wurde. Der Holzbelag existierte, mit Ausnahme eines 1905 in Granit ersetzten Stücks, noch 1909.

Quellen:
  • Lutz 2004: 263ff.
  • Salvisberg 1999: 250