Bichtigerhuus im Klingental

Inmitten des beschaulichen Klingentals und umgeben von Mühlbetrieben: das Bichtigerhuus.

Das "Bichtigerhus" im Klingental 13/15 war, wie sein Name schon sagt, ursprünglich der Sitz der Beichtväter des Kleinbasler Klosters Klingental. Diese und die Kapläne mussten ausserhalb der eigentlichen Klosterbauten wohnen. Tritt man unter dem 1942 wiederhergestellten Torbogen in den beschaulichen Klosterbezirk des Klingentals ein, so trifft man zur Linken zuerst auf den Kleinbau Nr. 13/15 mit seiner schönen, rosettengeschmückten Holztüre und seinem mächtigen Satteldach. Sein reizvoller gotischer Charakter kommt vor allem in den in der Mitte überhöhten Gruppen der Fenster zum Ausdruck, die noch die typischen alten Gewände mit ihren Hohlkehlen zeigen.

Vorhof, Treppe mit Eingangstür zum Wohnhaus. Fotografie ca. 1926.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG 2564
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Die Schwestern aus dem Wehratal bezogen 1274 das Klingental und blieben dort bis zur Reformation wohnhaft. Die Gebäude dienten als Sitz der Beichtväter und Kapläne, die ausserhalb der eigentlichen Klosterbauten zu wohnen hatten. Aus der Zeit vor der Reformation liegen nur wenige Nachrichten über das "Bichtigerhus" vor. Ursprünglich besassen die Nonnen zwei Beichtväter, von denen der ranghöhere "Lesemeister" genannt wurde; daher wird das Haus in den Akten gelegentlich als "Lesemeisters Hus" bezeichnet. Im Reichssteuerrodel des Jahres 1497 sind als dessen Bewohner Lorenz, der Siegrist, und Gertrud, "des Herrn Jungfrow", erwähnt, nicht aber der Beichtvater selbst, wohl darum, weil er als Geistlicher von der Steuer befreit war.

Ansicht vom Unteren Rheinweg aus. Fotografie ca. 1926.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG 2566
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Nach der Säkularisierung des Klosters wies der Rat die Liegenschaft dem von ihm eingesetzten Schaffner oder "Zinsmeister" an, der die Güter des Gotteshauses unter der Oberaufsicht des Kollegiums der Pfleger zu verwalten und die daraus resultierenden Einkünfte einzuziehen hatte. "Zinsmeisters Hus" wurde in den Jahren 1572 bis 1574 von dem Steinmetz Othmar Gessner, dem Zimmermann Ulrich Schnell und dem Tischmacher Claus Schott neu erbaut, und 1629/30 überholte "Wanuetsch, der Moler" - vermutlich der 1609 in die Himmelszunft aufgenommene Glasmaler Jacob Wannenwetsch - sämtliche Stuben des "Zinshauses". Um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde indessen die Administration der Vermögenswerte aller ehemaligen geistlichen Stifte beim "Direktorium der Schaffneien" konzentriert, womit das Amt des Klingentaler Zinsmeisters wegfiel und dessen Amtssitz frei wurde.

Aussenansicht von der Strasse her; Eingang mit Umfassungsmauer. Fotografie ca. 1926.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG 2567
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Seither erlebte das einstige "Bichtigerhus" ein wechselvolles Schicksal. Zuerst beanspruchte es die Stadtschreiberei der minderen Stadt als Wohnsitz des Inhaber dieses Amts. 1690 klagte der Stadtschreiber Simon Battier den Hufschmied Matthis Simon an der Unteren Rheingasse beim Fünfergericht ein, weil er und seine Nachbarn den Ablauf von ihren "Wassersteinen" auf die Gasse richteten; doch erklärten diese, der Unrat rühre von dem Kupferschmied Nicolaus Gugolz an der Webergasse her. Ebenso beschwerte sich Battier darüber, dass die Witwe und Töchter von Hans Rudolf Staehelin auf die zum Garten der Stadtschreiberei gehörende Mauer eine Dielenwand gesetzt hätten.

Vorhof, rechts neben dem Eingang die Statue des Oekolampad. Fotografie ca. 1926.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG 2568
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Nachdem die Liegenschaft seit 1803 als Kanzlei des Appelationsgerichts gedient hatte, wurde sie nach durchgreifender Renovation durch den Stadtbaumeister Andreas Merian, den Erbauer des Café Spitz, im Jahr 1840 vorübergehend vermietet und dann dem Kirchen- und Schulgut zugeschlagen. Es verwendete sie seit dem Wegfall der alten Pfarrwohnungen zu St. Clara als Pfarrhaus eines Geistlichen von St. Theodor. Nach der Trennung von Kirche und Staat blieb das Haus im Besitz der evangelisch-reformierten Kirche, die es zuletzt dem ersten Kirchenverwalter, Louis Bürgin, dem unvergessenen Meister der Himmelszunft, überliess.

Quellen:

  • Lutz 2004: 245ff.
  • Wanner 1986