'Nehme der Herr gleich die Türe mit!'

Als das Collegium Alumnorum, das Priesterseminar, unter der Leitung eines Praepositus noch im ehemaligen Augustinerkloster (wo heute das Naturhistorische Museum steht) untergebracht war, konnte der Fall eintreten, dass alle 12 heizbaren Zimmerchen von hiesigen Bürgersöhnen besetzt waren. Die anderen Schüler hatten mit einer nicht beheizten Stube Vorlieb zu nehmen. Die Begünstigten waren aber verpflichtet, einen anderen Schüler aus der unbeheizten Stube tagsüber zum Arbeiten aufzunehmen. Dies führte nicht selten zu Reibereien, aber auch zu manchem Scherz.

Anfangs der 1790er Jahre hospitierte Magister Johann Rudolf Euler im geheizten Zimmer von Magister Johann Rudolf Rapp, dem späteren Pfarrer von Riehen. Euler, etwas flüchtiger Art, hatte die Gewohnheit, nicht immer die knarrige Stubentür zu schliessen. Als er nun eines Abends spät im Dezember sein Tagwerk beendet hatte und gute Nacht wünschend Rapps Zimmer verlassen wollte, sagte dieser, ohne von seiner Schreibarbeit aufzublicken: "Gute Nacht. Nehme der Herr die Türe mit." Und siehe da: Euler hob leise die Türe aus den Angeln und schleppte sie die Treppe hinunter in den kalten Klostergang. Dort hatte sie Rapp wieder zu holen, wollte er die Nacht nicht schlotternd in seinem Zimmer verbringen.

Das musste zurück bezahlt werden. Gelegenheit dazu bot sich schon einige Tage darauf, als Praepositus Magister Johann Jakob Hug seinen Schlachttag hatte und Rapp anstandslos ein Sauschwänzchen zur Verfügung stellte. In jener Zeit trugen nämlich die jungen Akademiker bis zum bestandenen Examen wie alle Welt Haarzöpfe, welche die Alumnen - meist unter sich Freunde - sich gegenseitig zu knüpfen pflegten. Rapp, den Schalk im Nacken, flocht nun seinem Freund Euler das Sauschwänzchen mit dem Borstenende in den Zopf, den derselbe, ohne es zu wissen, so lange spazieren führte, bis ein Mitschüler ihn spöttisch fragte: "Euler, seit wann trägst du Schweinsborsten im Zopf?"

Horrible Mediziner

Bis um das Jahr 1813 lebte am Rheinsprung 10 ein deutscher Perückenmacher namens Anton Vetter. Der grossgewachsene Mann mit nach aussen gekrümmten Beinen und ziemlich flacher Stirne lebte in kinderloser, friedlicher Ehe, hatte aber mit zunehmendem Alter das Unglück, kindisch, ja geradezu blödsinnig zu werden. Sein Hausarzt, Professor Dr. Melchior Huber bei der Rheinbrücke, wollte nach dem erfolgten Hinschied des Perückenmachers dessen Kopf anatomisch untersuchen. Da jedoch Vetters Witwe nichts von diesem Vorhaben erfahren durfte, musste Stillschweigen gewahrt werden. Die Leiche wurde deshalb auf Geheiss Professor Hubers bis zur Beerdigung im Unteren Kollegium untergebracht.

Zu nächtlicher Stunde beugten sich nun Professor Huber und Dr. Johann Stückelberger-Stückelberger im Beisein einiger Chirurgen über den Kopf des Verblichenen und liessen ihrem Wissensdrang freien Lauf. Wie die versierten Mediziner erwartet hatten, war das Gehirn unverhältnismässig stark eingeschrumpft, die vordere Wand des Schädels dagegen stark porös und nach innen ausgewachsen. Die beiden Ärzte brachen das Cranium bei der Sutura auseinander, damit jeder eine Hälfte in seinen Besitz nehmen konnte. Dann verschlossen sie die Öffnung mit einer ausgehöhlten Rübe, zogen die mit Kreuzschnitten versehene Kopfhaut darüber, vernähten diese und setzten dem toten Vetter wieder Nachtmütze mit dem schwarzen Band aufs Haupt, als wäre nichts geschehen. Hierauf verfügte sich die ganze Gesellschaft in Hubers Apotheke zu einem köstlichen Punsch...