Haus zum Vergnügen

Aus der Geschichte der Liegenschaft

Die Liegenschaft "zum Vergnügen" liegt gegenüber dem Gerichtsgebäude und reicht auf dem Löffelplan bis zur Baulinie an der Bäumleingasse.

Hinter der modernen gläsernen Fassade an der Bäumleingasse verbirgt sich ein Altbau, der zur ältesten noch erhaltenen Bausubstanz an der Bäumleingasse gehört. Archäologische Untersuchungen konnten eine erste Bebauung der Parzelle im 13. Jahrhundert nachweisen. Zu jener Zeit stand, etwa 12 Meter von der heutigen Strassengrenze zurückversetzt, ein hochmittelalterlicher Kernbau, ein turmartiger Wohnbau. Die schriftliche Überlieferung zur Liegenschaft beginnt im Jahre 1327, als eine Domstift-Urkunde bezeugt, dass Graf Rudolf IV. von Thierstein, Domherr zu Strassburg, in dem Haus nach wie vor das Wohnrecht besass. In den Jahren nach dem Erdbeben (1356) hiess das Haus nach seinen Besitzern, der Familie zer Sunnen, „Sunnenberg“, ab 1441 „zur Sonne“. Der Stadtbrand von 1417 fügte der Liegenschaft grössere Schäden zu, denn in jenem Jahr wurde ein Teil der westlichen Brandmauer und sämtliche Balkendecken vom Keller bis unters Dach erneuert.

Der moderne vordere Gebäudeteil von Diener & Diener Architekten, der auf dem ehemaligen Vorhof steht. Quelle: Diener & Diener Architekten

Rudolf von Ramstein, Freiherr zu Gilgenberg, besass die Nachbarliegenschaft und übernahm 1446 „hus und hofstatt mit gertlin dahinter“ des Hauses „zum Vergnügen“. In seiner Zeit wurde der bisherige dreigeschossige Wohnturm um 6 Meter in Richtung Strasse auf das Doppelte seiner Grundfläche erweitert, bevor 1470 das ganze Anwesen in den Besitz der Präsenz des Domstifts gelangte. 1498 wurde der Bau um ein Geschoss aufgestockt und mit einem neuen Dachwerk versehen.

1732 nahm der Lizentiat beider Rechte und spätere, im Dienst des Rathauses stehende Notar Daniel Bruckner darin Wohnung; er war auch bekannt als Besitzer eines reichhaltigen Antiquitäten- und Naturalienkabinetts. Bruckner verlieh der Liegenschaft den reizvollen Namen „Zum Vergnügen“. Er veranlasste auch Änderungen an der Innenausstattung, so beispielsweise die Treppenanlage und die Stuckdecken. Das Gebäude diente einige Jahrzehnte als bürgerliches Wohnhaus und entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem Handwerkerhaus. Dies zeigte sich 1874, als das strassenseitige Höflein für ein Magazin erdgeschossig überbaut, und vier Jahre später erhielt das hintere Hofareal eine Werkstatt.

Innere Besonderheiten

Antrittspfosten der Treppe im Erdgeschoss und Stuckdecke im zweiten Stock. Fotos Basler Denkmalpflege

Der Altbau weist hoch- und spätmittelalterliche Strukturen auf und enthält Überreste wertvoller Ausstattungen wie Wand- und Deckenmalereien, Täfer und Stuckaturen, die von den Wohnansprüchen verschiedener Epochen zeugen. Im Folgenden sollen einige dieser Besonderheiten im Innern hervorgehoben werden. Da wäre zum einen die Treppe. Die heutige Treppe verbindet die Geschosse in geraden Läufen; sie wurde nach 1732 über der noch vorhandenen Blocktreppe des 15. Jahrhunderts erstellt. Ein vierkantiger Antrittspfosten mit Rankenschnitzereien und ein bis ins dritte Obergeschoss durchgehendes Geländer zeichnen die barocke Anlage aus. Bis ins zweite Obergeschoss ist der Treppenraum ausserdem mit Régence-Stuckaturen geschmückt. Im ersten Stockwerk liegt eine Täferstube, die aus der Hauserweiterung von 1461 stammt und nachträglich - im 16. Jahrhundert - gegen Westen vergrössert und mit einem vierteiligen Staffelfenster ausgestattet wurde. Erhalten davon ist die Balkendecke.

Täferstube im ersten Stock mit dem vierteiligen Staffelfenster und der Balkendecke. Die Tür stammt aus dem 18. Jahrhundert. Quelle: Nagel / Möhle / Meles 2006: 229.

Im zweiten Stockwerk liegt ein Zimmer, das mit einer Régence-Stuckdecke dekoriert ist, dahinter der wohl repräsentativste Raum des hochmittelalterlichen Kernbaus, in dem an zwei Wänden Abrücke einer Malerei des frühen 14. Jahrhunderts erkennbar sind. Sie zeigen Ähnlichkeiten mit Dekorationen im Zerkindenhof am Nadelberg 10 und dessen ehemaligen Gartenhäuschen. Es handelt sich bei dieser Dekoration um Ranken mit fünfblättrigen Rosen.

Saal im dritten Stockwerk, die einstige Gliederung ist durch die Balkenbemalung erkennbar. Quelle: Nagel / Möhle / Meles 2006: 229.

Das dritte Obergeschoss, das 1498 aufgesetzt wurde, birgt einen durch zwei Holzstützen gegliederten Saal, die sich über den Kernbau und die Erweiterung von 1461 zieht. Er scheint im 17. Jahrhundert durch Zwischenwände unterteilt worden zu sein, denn nur ein Teil der Deckenbalken ist einheitlich mit geflammten Linien bemalt. Zuletzt erwähnenswert ist schliesslich das komplett erhaltene Dachwerk aus dem Jahr 1498; es handelt sich um ein frühes Beispiel eines eingeschossig liegenden Dachstuhls ohne Firstabstützung. Als der Dachraum 2005 zu Wohnzwecken ausgebaut wurde, war an der Konstruktion abzulesen, dass die strassenseitige Dachfläche ursprünglich mit einer Aufzugsgaupe versehen war. 

Der Kampf um den Altbau

Zustand des Hauses 1984. Schön zu erkennen, dass die Liegenschaft auf einer alten Baulinie errichtet wurde sowie der zweigeschossige Gewerbetrakt im ehemaligen Vorhof. Quelle: www.espazium.ch

Ab Mitte der 80er Jahre war das Haus vom Abbruch bedroht. Zwei Vorstösse von Denkmalpflege und Denkmalrat, das Haus unter Denkmalschutz stellen zu lassen, wurden von den Behörden abgelehnt. Es sollte zunächst zusammen mit Nummer 12 einem grossen Bankgebäude weichen. Dieses Projekt wurde in der Folge jedoch modifiziert, wobei nur die Nummer 12 hätte stehen bleiben dürfen. Anfang 2000 kaufte Jeansfabrikant Edwin Faeh die Liegenschaft und plante einen Neubau mit Wohnteil und Geschäftsräumen. Die Stadtbaukommission wie auch der Regierungsrat gaben ihren Segen. Dem Objekt wurde keine besondere Schutzwürdigkeit attestiert. Denkmal- und Heimatschutz opponierten und bekamen vom Appellationsgericht teilweise Recht: Die bemalte Balkendecke im dritten Stock und das Treppenhaus wurden ins Denkmalverzeichnis aufgenommen. Offen liessen die Richter, ob weitere Teile und die Fassade schützenswert seien.

Im August 2001 legten der Heimatschutz und die Freiwillige Basler Denkmalpflege über 5000 Unterschriften für die Erhaltung des Altstadthauses vor. Sie warnten vor "potemkinschen Dörfern" und drohten mit dem Gang ans Bundesgericht. Am 9. Juli 2002 nahm der Regierungsrat „wesentliche Teile der Liegenschaft“ ins Denkmalverzeichnis auf. Der verliehene Schutz bezieht sich „auf den von der Gasse zurückversetzten Altbau und erstreckt sich auf dessen Brandmauern und Fassaden, die mittlere Stützmauer, die Balkenanlagen und die Dachkonstruktion in ihrer tragenden Funktion, die Täferdecken im ersten Obergeschoss, die Stuckdecke im zweiten Obergeschoss, die bemalte Balkendecke des Festsaals im dritten Obergeschoss sowie die Treppenläufe vom ersten bis zum dritten Obergeschoss“.

Küchenraum im dritten Stock des vorgelagerten Neubaus, links die ehemalige Fassade mit gotischem Fenster. Quelle: www.www.espazium.ch

Alle involvierten Parteien einigten sich auf ein Umbau-Projekt, das „den denkmalpflegerischen Ansprüchen und den Bedürfnissen des Hauseigentümers gerecht wird“, als geglückte Verbindung von Denkmalpflege und Stadterneuerung. Die Lösung sah vor, den Altbau zwischen einem neuen Vorbau an der Bäumleingasse und einem im Hof zurückliegenden Neubau in seiner Struktur und mit seinen wertvollen Ausstattungsstücken zu erhalten. In Tat und Wahrheit entstand ein Stück Disneyland mitten im alten Basel: Über das alte wurde ein neues gestülpt. "Schaut man durch die Glasscheiben, kann man in den Geschossen die Fassade des alten Hauses erkennen", erklärte Architekt Roger Diener. Das gotische Gebäude war während dieses rechtlichen Kampfes leer gestanden und wurde 2003 in einen Neubau von Diener & Diener Architekten, dessen moderne Fassade von der Strassenseite her sichtbar ist, integriert. Der Neubau führte zu einem Dialog von Alt und Neu auf höchstem Niveau.

Quellen: