Masse und Gewichte

Masse und Gewichte im Gebiet der heutigen Schweiz

Noch bis ins 19. Jahrhundert gab es im Gebiet der heutigen Schweiz ein Wirrwarr von verschiedenen Massen und Gewichten. Und selbst weit verbreitete Masseinheiten wie z. B. das Volumenmass "Mass" waren keineswegs in der ganzen Schweiz gleich. Der Volumeninhalt von einem Mass schwankte je nach Region und Verwendungszweck zwischen 0.8 und 3.3 Litern. Innerhalb einer Region gab es dann noch verschiedene "Masse" für Wein, Honig, Milch, Wasser, Branntwein und Most mit unterschiedlichem Volumen. In einigen Städten war das Milchmass sogar zwischen Stadt und Umland verschieden.

Masse und Gewichte in Basel

Zollregal

Der Bischof zu Basel musste am 12. März 1373 das Zollregal (das Recht Zölle zu erheben) an den Stadtrat verpfänden. Mit dem Zollregal geht aber das Recht einher, die Masse und Gewichtseinheiten für die Erhebung von Zöllen festzulegen und so bestimmte ab diesem Datum der Rat, welche Gewichte für den Handel in Basel und der Umgebung zu verwenden waren.

Gewichte der Fronwaage
Zwei Gewichte der Fronwaage von 1781 mit einem Gewicht von 100 (49.3 kg), bzw. 50 (24.6 kg)) schweren Eisenpfund (0.493 kg).
Quelle: Historisches Museum Basel
Quelle: Historisches Museum Basel

Kaufhaus, Fronwaage

Der Rat liess ein sogenanntes Kaufhaus errichten, wo eingeführte Waren gelagert und für die Erhebung der Zölle gewogen oder gemessen wurden. Die offizielle Waage im Kaufhaus hiess Fronwaage und wurde für die Erhebung vom "Pfundzoll" (Einfuhrsteuer) verwendet.

Eichung

Der Rat führte die Aufsicht über die Masse und Gewichte aber nur zu einem kleinen Teil selbst durch. Für die Eichung der Gewichte war z. B. hauptsächlich die Safranzunft zuständig, die zu diesem Zweck eigens Beamte angestellt hatte. Die meisten Hohlmasse fielen in den Zuständigkeitsbereich der Gartnernzunft, die Ausnahme bildeten alle Weinmasse, die von der Weinleutenzunft geeicht wurden.

Fremde Masse und Gewichte im Basel

Lange Zeit war Basel der Hauptimporteur von elsässischem Wein für die Eidgenossenschaft. Man übernahm deshalb für Wein die Hohlmasse "Saum" und "Ohm" aus dem Elsass. Von Frankreich übernahm Basel im 18. Jahrhundert den sogenannten "Pied de Roi" oder "Pariser Fuss" und gab den eigenen "Basler Fuss" auf.

Konkordat über eine gemeinsame schweizerische Mass- und Gewichtsordnung 1838

Während der helvetischen Republik (1798 - 1803) wurde eine Reform der Masse und Gewichte nach dem metrischen System aus Frankreich vorbereitet. Die helvetische Republik ging aber schnell im Sturm der politischen Wirren unter und mit ihr auch diese Reform. Die Kantone erlangten wieder ihre uneingeschränkte Souveränität und es blieb vorerst alles beim Alten. Am 17. August 1835 einigten sich aber zwölf Kantone - darunter Basel - auf eine Vereinheitlichung ihrer Masse und Gewichte. Die gemeinsamen Masse wurden in einfache Verhältnisse zum metrischen System gebracht (z. B. war der Fuss neu 30 cm lang) und - wo möglich - dezimalisiert (1 Fuss = 10 Zoll, vorher 12 Zoll). In Basel trat die neue Regelung am 1. Januar 1838 in Kraft.

Das metrische System 1877

Als die Schweiz 1848 zu einem Bundesstaat wurde, war der Weg zu einem gesamtschweizerischen System der Masse und Gewichte frei. 1851 wurde das System der zwölf Kantone per Bundesgesetzt auf die gesamte Schweiz ausgedehnt. Einige Kantone verweigerten aber diesen Schritt und erst mit dem Wechsel zum metrischen System per 1. Januar 1877 hatte die ganze Schweiz gemeinsame Masse und Gewichte.

Längenmasse

Distanzen

Vor 1838

  • 1 Fuss = 12 Zoll zu je 12 Linien, und zu 12 Punkten je Linie. In Basel galt ab dem 18 Jh. der savoyische Fuss (pied de roi) = 32.48 cm
  • 1 Feldschuh = 28 cm. Hans Bock verwendete 1620 dieses Mass (von seinem Schrittmass abgeleitet) zur Vermessung des Kantons Basel, wobei ein Schritt à 56 cm zwei Feldschuhen à 28 cm entsprach.
  • 1 Rute = 16 Feldschuhe = 4.5 m. Jakob und Friederich Meyer verwendeten 1688 dieses Mass zur erneuten Vermessung des Kantons Basel. 1806 wurde für die Katastervermessung die Verwendung einer "metrischen" Rute von 3.04 m vorgeschlagen.

Nach 1838

  • 1 Schweizer Fuss = 30 cm = 10 Zoll = 100 Linien = 1 000 Striche
  • 1 Elle = 2 Schweizer Fuß = 0,6 franz. Meter
  • 1 Ruthe = 10 Schweizer Fuß = 3 Meter
  • 1 Klafter = 6 Schweizer Fuß = 1,8 Meter
  • 1 Wegstunde = 4 799,9 Meter

Stoffe

Vor 1838

  • 1 Stab = ca. 4 Fuss = ca. 130 cm. Bekannt als "aune de rois". In Basel zum Vermessen von Musselin und Baumwolle verwendet.

Hohlmasse

Neben Flüssigkeiten (Wein, Bier, Branntwein, Most, Milch, Wasser, ...) wurden auch Getreide, Hülsenfrüchte, Salz, Beeren, Korn, Mehl, Trockenfrüchten und auch Honig mit Hohlmassen gemessen statt - wie heute - gewogen.

Eichung der Hohlmasse

Getreidehohlmasse
Mutter-Hohlmasse für 1 Sester und 0.5 Sester.
Quelle: Historisches Museum Basel
Quelle: Historisches Museum Basel

Für das "Fechten" (Eichen) der Hohlmasse war die Gartnernzunft (Lebensmittelkleinhändler) zuständig, mit Ausnahme aller Weinmasse (Weinleutenzunft). In den Zunftakten von 1527 ist beschrieben, wie eine Eichung durchgeführt wurde: "Wan man gewicht und geschirr uf die zunft treit, so sollen die meister ein klein buchenzüberli mit wasser in der grossen stuben haben und dorbei der zunft wog und gewicht mit sampt den eimern und allem, so darzu gehört, und also alt und neuw geschir fechten."

Getreide, Hülsenfrüchte, etc.

Vor 1838

  • Sester = 17.08 Liter
  • Sack = 8 Sester = ca. 137 Liter
  • Vierzell (auch Viernzell oder Vierzahl) = 2 Säcke = 16 Sester = ca. 273 Liter
  • Becher = 1/12 Sester = 1.42 Liter
Weinhohlmass
Mutter-Hohlmass mit 16 Mass (22.5 Liter) Inhalt für die Eichung von anderen Hohlmassen.
Quelle: Historisches Museum Basel
Quelle: Historisches Museum Basel

Wein

Wein war einerseits eine wichtige Handelsware (Elsässerwein), weshalb die Stadt mit den Einfuhrsteuern viel Geld verdiente. Andererseits wurde auch auf den Verbrauch von Wein in der Stadt eine Steuer, das sogenannte "Weinungeld", erhoben. Da es sich beim Weinungeld zeitweise um die einträglichste Geldquelle der Stadt handelte, ist verständlich, dass alle Weinmasse genauen Kontrollen unterzogen wurden. Zwei Fechtmeister (Eichmeister) der Weinleutenzunft waren beauftragt sämtliches Geschirr das zum Verkauf von Wein verwendet wurde jährlich einmal zu fechten (eichen) und die Weinfässer zu sinnen (ebenfalls eichen).

Weinhohlmasse vor 1838

  • Saum = 3 Ohm = 96 Mass = 135 l
  • Ohm = 32 Mass = ca. 45 l
  • Mass = ca. 1.4 l

Weinhohlmasse ab 1838

  • 1 Maß = 1,5 Liter
  • 1 Saum = 100 Maß = 150 Liter

Andere Hohlmasse

Vor 1838

  • Schüssel = 0,355 Liter
  • Mässlein = 0,54 Liter
  • Halbes Mässlein = 0,27 Liter (entspricht ev. dem "Gäzlein", dessen genaues Volumen nicht bekannt ist)
  • Pot = ca. 0.5 – 1 Liter (Fürstbistum Basel)
  • Pinte = ½ pot (Fürstbistum Basel)

Gewichte

Pfund

Die Gewichtseinheit "Pfund" war im Mittelalter in ganz Europa verbreitet. Erstmals tauchte die Einheit zur Zeit der Karolinger auf, basierte allerdings auf den zuvor gebräuchlichen römischen Einheiten. Unter Karl dem Grossen wurde das Pfund auf ein Gewicht von ca. 406.5 g festgelegt. Da aber die Festlegung von Einheiten ein herrschaftliches Recht war, hatte das Pfund bald im Einflussbereich jedes Fürsten und jeder freien Stadt ein anderes Gewicht, meistens aber im Bereich von 400 - 500 Gramm.

Einsatzgewicht
Satz von ineinander stapelbaren Gewichten für das Messingpfund.
Quelle: Historisches Museum Basel
Quelle: Historisches Museum Basel

In Basel waren über die Jahrhunderte fünf verschiedene Pfundgewichte gebräuchlich:

  • Apothekerpfund
    Gewicht: 357.78 g
    Verwendung: Apotheker
  • Silberpfund
    Gewicht: 468.58 g
    Verwendung: Gold- und Silberschmiede
    Eichung durch Zunft der Hausgenossen
  • Leichtes Eisenpfund
    Gewicht: 486.17 g mit den Unterteilungen halbes Pfund, Vierling, Loth und Quint
    Verwendung: Kleinhandel
    Eichung durch Safranzunft und Zunft zu Gartnern
  • Schweres Eisenpfund
    Gewicht: 493.24 g
    Verwendet im staatlichen Kaufhaus zur Zollerhebung (Pfundzoll = Einfuhrsteuer)
    Eichung durch Safranzunft
  • Messingpfund
    Gewicht: 480.23 g
    Verwendung: Gewürze, Drogen, Zuckerwaren und Wolle von Seidenkrämern, Knopfmachern, Strickwolle- und Nähseidenhändlern, aber auch von Zuckerbäckern und Gewürzkrämern
    Eichung durch Safranzunft

Andere Gewichtseinheiten

vor 1838

  • Karolingisches Pfund ab 793: 406.5 g
  • Mark in Nürnberg um 1300: 283.6 g
  • Kölner Mark ab 1524 verbindlich im deutschen Reich: 233.855 g
  • Frankreich bis 1795: Pfund (p.d.mare) = 16 Unzen = 128 Gros = 9 216 Grains = 489.596 g

Ab 1838

  • Pfund (Basisgrösse) = 0,5 kg = 500 g
  • Unze = 1/16 Pfund = 0,03125 kg = 31,25 g
  • Loth = ½ Unze = 0,015625 kg = 15,625 g
  • Zentner = 100 Pfund = 50 kg
Quellen: