Georg Heinrich Leicher-Heusler

Ein vielseitig beschäftigter Mann war Georg Heinrich Leicher-Heusler: er wirkte einerseits als Rechenlehrer und Organist und andererseits betrieb er einen Wollladen. Die Persönlichkeit Leichers aber war zu warmherzig und zu leutselig, als dass er auf die Dauer die Stelle des Lehrers der Industrie- oder Armenschule im Klingental hätte mit Erfolg versehen können. Ihm fehlte die Autorität, die Schar der 50 wilden, ungezogenen Buben und Mädchen aus der untersten Volksklasse unter straffer Disziplin zu halten. Allzuoft musste ein Klingentalarbeiter mit dem Munifisel für Ruhe und Ordnung sorgen.

Als Organist war Leicher ein erträglicher Choralspieler, aber seine extemporalen Prä- und Postludien und seine Zwischenspiele waren unter aller Kanone. Dafür gab er oft Anlass zu einem kleinen Spass. Um den schlechten Weinertrag der Jahre 1815-1817 auszugleichen, wurde vermehrt Obstwein produziert. Ein Spezialist in der Verwertung von Kernobst war Emanuel Weiss, der während seiner Lehrzeit als Nadler im thurgauischen Steckborn sich auch nützliche Kenntnisse in der Zubereitung von so genanntem Most angeeignet hatte. Leicher wollte nun den wohlschmeckenden Tischwein von Weiss kopieren und kaufte eine Menge edler und saftiger Birnensorten ein, wie Bergamotten und Moulliebusche. Aber statt eines vorzüglichen Getränks lieferten die teuren Birnen nur einen wässrigen, schwachen Saft, der keinen Gaumen reizen konnte.

Auch die körperliche Verfassung Leichers war mit einigen Unebenheiten gezeichnet. So waren seine Beine von den Knien an schief nach auswärts gekrümmt. Deswegen wurde Leicher, der in der Engros-Tuchhandlung Johann Rudolf Passavant im Burghof eine 3jährige Lehrzeit absolviert hatte, oft von seinen Kameraden verhöhnt. Er hatte beim Prinzipal Kost und Logis. Seine Mansarde aber war so klein, dass kein Schrank darin Platz fand. Einer seiner Freunde fragte ihn deshalb, ob er denn seine Strümpfe zum Schlafen jeweils ausziehen könne. Leicher gab zu, dass er dies im Winter nicht tun könne. Während des Sommers aber hatte er seine Strümpfe, da er stark an den Füssen schwitze, abgezogen und sie zum Trocknen über den runden Kofferdeckel gehängt. „Ach so“, gab sein Kollege zu bedenken, „beim Trocknen nahmen die Strümpfe die Form des Deckels an, und beim Tragen der deformierten Strümpfe richteten sich die Knochen danach. Deshalb deine unmöglichen Beine!“