Gasthof zum roten Ochsen

Der Gasthof zum roten Ochsen im unteren Kleinbasel auf dem Loeffelplan.

Gasthof zum roten Ochsen
Ansicht des Gasthofes zum roten Ochsen um 1880
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 1-57-3
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Im Herzen Kleinbasels, an der Kreuzgasse (auch Lorenzgasse, ab dem 19. Jahrhundert Ochsengasse) beim vorderen Teich, stand sicher während eines halben Jahrtausends einer der ältesten Gasthöfe der Stadt. Über seiner Pforte war, neben anderen tiefsinnigeren Versen, der Sinnspruch: "Es kann der Beste nicht im Frieden leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt" geschrieben, der von einer Fehde mit der Anwohnerschaft zeugte, mit dem es aber sonst keine ernsthaftere Bewandtnis hatte. Vielmehr waren es friedfertige, vornehme Leute, die in der Herrenwirtschaft Einkehr hielten. Am 20. Juni 1546 stiegen als Glaubensflüchtlinge Christoph von Württemberg mit Anna Maria von Brandenburg-Bayreuth, seiner Gemahlin, und vier Baroninnen im roten Ochsen ab. Der Rat liess wegen des hohen Besuchs 10 Kannen des besten Weins zu je 6 Mass auffahren, dazu 5 Kannen Malvasier und zwei lebende Salme für den weiblichen Hofstaat. Tags darauf besuchte der Herzog mit seinem Gefolge einen Gottesdienst im Münster. Anschliessend lud er die Vertreter der Regierung und Thomas Geyrenfalk, obwohl dieser eine "plumpe und taktlose" Predigt gehalten hatte, zum Mittagessen in den roten Ochsen ein.

37 Gastwirte hatte der Gasthof zum roten Ochsen in seiner Geschichte. Angefangen bei Clewi Kröss anno 1463, von dem die Herberge im Mühlenquartier, die bis dahin zum Mühleck geheissen hatte, den Namen Krösen Herberge hatte, bis zu Ernst Schlachter im Jahr 1930. Mit den Namen Conrad Scholer und Michel Strübin erschien 1511 erstmals die Bezeichnung zum roten Ochsen; 1551 verkaufte der Rat den Erben des Kunstmalers Jorg Koch den Brunnen, der im Haus stand, zu 60 Gulden. 1573 ging der Gasthof wegen rückständiger Zinse in den Besitz des Junkers Hans Christoph von Rotberg. Ochsenwirt Franz im Hoff starb mit nahen Familienangehörigen 1610 an der Pest. Aus der Erbmasse des Philipp Göller erwarb Sebastian Kellers 1736 die Herberge. Während 42 Jahren sass danach dessen Schwiegersohn, Oberstmeister Johann Rudolf Steiger, im roten Ochsen, der am Neujahrstag 1790 einigen Schaden durch Brand erlitt. Mit obrigkeitlicher Genehmigung verkaufte Andreas Braun 1816 den Gasthof dem Badenser Jacob Sorg, doch gelangte durch Anwendung des "Bürgerzugsrechts" Daniel Hauser, Gastgeber zum Löwen an der Greifengasse, gegen Fr. 12'000,- schliesslich in den Besitz. 1854 liess Johann Heinrich Bienz eine Einfahrt errichten, die nur durch Überbrücken des Teiches möglich war.

Gasthof zum roten Ochsen
Blick in die Ochsengasse, links Rotochsenmühle [Nr. 12], Ochsengass-Brunnen, Gasthof zum Roten Ochsen [Nr. 10], Häuser 8 - 4, rechts Häuser 13 - 1. Der Brunnen wurde 1898 abgebrochen und steht heute im Horburgpark.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, BILD Schn. 227
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Ursprünglich eine vornehme Herberge, war die seit 1511 Herrenwirtschaft im Lauf des 19. Jahrhunderts zum Treffpunkt der Hamburger Zimmerleute geworden. Der volkstümliche Habitus des Gasthofs war schon an der mit Sinnsprüchen übersäten Fassade abzulesen, wie: „Wenn dich die Lästerzunge sticht / Denk’ dran und lass dir sagen / Es sind die schlechtesten Früchte nicht / Woran die Wespen nagen“, oder „Behüt’ uns Gott vor teurer Zeit, besonders vor bösen Nachbarsleut!“ Ochsenwirt Camille Drexler-Kobel, eine überaus populäre Kleinbasler Persönlichkeit, war mit rührender Sorge um die zahlreichen Handwerksburschen, die bei ihm tagtäglich ein- und ausgingen, besorgt. An Weihnachten veranstaltete er jeweils eine frohe Feier, die bei den fahrenden Gesellen grossen Anklang fand.

Zuletzt zierten die Bierbrauer Emanuel Merian und Camille Drexler die lange Besitzerliste, dann kaufte 1930 Baumeister Ernst Schlachter die Herberge mit dem hölzernen polygonen Erker und den schönen schmiedeeisernen Wirtshaus- und Handwerkerschildern. Drei Jahre später fiel der rote Ochsen, dessen Inhaber "von alter her der gerechtikeit halb, das sie allerlei wynen inlegen und haben mögen, gesetzlichen gefryget sind und fryg verplyben, ouch allein herrenwürt sein sollen", samt den Nachbarhäusern 8 und 6 (zum Rosenberg). Auf dem freien Platz wuchs das Hotel "Touring-Garni Red Ox" in die Höhe, dessen Fassade Otto Platter anmutig bemalte. Doch auch der moderne Hotelbau überlebte auf dem traditionsträchtigen Boden nicht lange, wurde er doch 1978 in das Neubauprojekt "Claramärt" der Migros miteinbezogen und im Februar 1982 abgebrochen.